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Die Quote ist nicht kompliziert, man muss sie nur anwenden

Johanna Dohnal schrieb am 5. Dezember 1986 in der Arbeiterzeitung einen Beitrag mit dem Titel ‚Ihr seid noch einmal davongekommen – oder: Ist die Quotenregelung gescheitert.’ Hintergrund für ihren Text war der Frauenanteil bei den SPÖ-Mandaten im Nationalrat nach den Nationalratswahlen am 23. November 1986. Von den 80 Abgeordneten der SPÖ waren lediglich 9 Frauen, also 11 Prozent. Die damals schon gültige Quotenregelung hätte allerdings einen Frauenanteil von 25 Prozent erfordert. Johanna Dohnal leitet ihren Text mit der Feststellung ein: ‚Die Quotenregelung kann nicht scheitern. Sie ist eine selbstauferlegte Zielvorgabe.’ Und weiter: ‚Die Quotenregelung ist nicht gescheitert. Gescheitert sind wir am Widerstand, an der Taktik und an der Überzahl der Genossen. Und an ihrer Brüderlichkeit.’

Johanna Dohnal hielt in diesem Text auch fest: ‚Die Quotenregelung ist der sichtbare Beweis einer jahrzehntelangen Männerignoranz.’ und kündigte abschließend an: ‚Diesmal, Genossen, sei ihr noch davongekommen…., das nächste Mal nicht mehr.’ Als dieser Tage sich abzeichnete, dass wieder einmal die Quotenregelung für den Nationalrat am ‚Widerstand der Brüder’ scheitern würde, habe ich mich an diesem Text in meinem Archiv erinnert und gedacht: ‚Johanna‚ du hast dich geirrt. Und wir uns mit dir.’

Ein Blick zurück: Die SPÖ beschloss 1985 als erste politische Partei Österreichs eine Quotenregelung: Die SPÖ tritt für die volle Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein und setzt sich zum Ziel, diesen Grundsatz auch in ihrer eigenen politischen Arbeit, bei der Zusammensetzung aller ihrer Gremien und bei der Erstellung ihrer KandidatInnenlisten zu verwirklichen. Sowohl bei der Wahl von FunktionärInnen der SPÖ wie bei der Erstellung von KandidatInnen auf Listen der SPÖ ist sicher zu stellen, dass nicht weniger als 40 % Frauen und nicht weniger als 40 % Männer vertreten sind. (Von 1985 bis 2003 war ein Frauenanteil von mindestens 25 Prozent zu erfüllen.)

Diese Regelung wurde im Paragraf 16 im Organisationsstatut der SPÖ verankert und mit ganz wenigen Gegenstimmen beim Parteitag beschlossen. Sie basiert auf der politischen Willenskundgebung des Parteitages als höchstes Beschlussgremium der SPÖ, dass eine freiwillige Regelung zur bestehenden Wahlordnung für die SPÖ nicht genügt, sondern, dass parteigesetzlich strengere Regeln angelegt werden, damit das Ziel der gleichberechtigten Vertretung von Männern und Frauen in Gremien und Funktionen erreicht wird. Diese Regelung wurde im vollem Bewusstsein der Wahlordnung beschlossen und gerade weil die Wahlordnung keine Geschlechterverteilung beinhaltet, wurden mit der Quotenregelung auch Bestimmungen beschlossen, die auf diese Unterschiedlichkeit Rücksicht nimmt.

Dazu hat der Paragraf 16 im Statut der SPÖ einige konkrete Formulierungen. Eine dieser Regelungen betrifft die Nachrückung bei Ausscheiden aus einem Mandat:

“Scheidet ein/e MandatarIn, unabhängig aus welchem Grund, aus, ist durch Nachrückung sicherzustellen, dass die Einhaltung der Quote erhalten bleibt bzw. erzielt wird.”

Eben weil die Wahlordnung ein automatisches Nachrücken bei Mandaten vorsieht, wurde diese Formulierung in das Statut aufgenommen. Nur darum war sie notwendig, wenn die Geschlechterquote durchgängig gehalten werden soll. Solange also die Quote von jeweils mindestens 40% Frauen oder Männern nicht erreicht ist, müssen je nachdem Frauen oder Männer bei Neubesetzung eines Mandates nachrücken. Man muss die Quotenregelung und den Anspruch, dass ebenso viele Frauen wie Männer die Politik mitbestimmen sollen, als Wählerin oder als Wähler nicht gut finden. Wer sie so heftig ablehnt, wird die SPÖ vielleicht deswegen nicht wählen. Oder er/sie wählt sie trotzdem. Aber jedenfalls ist es kein Geheimnis, dass die SPÖ bei ihren Wahllisten und ihren öffentlichen Funktionen eine Quotenregelung im Statut hat. Ganz im Gegenteil, stellt die SPÖ bei passenden Gelegenheiten die gleichberechtigte Mitbestimmung von Frauen und Männern in den Vordergrund.

Ein Überraschungsangriff auf die Wahlordnung ist die Quotenregelung jedenfalls nicht. Als nun durch den so tragischen Tod von Barbara Prammer ihr Mandat neu zu besetzen war, musste die SPÖ Oberösterreich eine Entscheidung treffen. Die SPÖ Frauen und ich als deren Vorsitzende haben unmittelbar vor der Beschlussfassung die Parteigeschäftsführung darauf hingewiesen, dass dabei das Statut zur Quotenregelung zum Tragen kommt. Uns wurde im Vorfeld signalisiert, dass doch die Wahlordnung gelte und darum die Quotenregelung zwar gültig, aber ‚leider schwierig’ zu erfüllen sei. Bei der entscheidenden Sitzung der SPÖ Oberösterreich haben wir als Erinnerung einen Antrag eingebracht, der die Einhaltung des gültigen Statuts bei der Nachrückung klarstellt. Was dann passierte, hat es in meiner Erinnerung noch nie gegeben: der Antrag der SPÖ Frauen wurden als nicht zulässig abgewiesen. Die Mehrheit des Vorstandes hat per Handzeichen entschieden, dass ein Antrag der SPÖ Frauen nicht abgestimmt werden darf. Der Parteivorstand hat also mehrheitlich entschieden, dass es nicht zulässig ist, ihn bei seinen Entscheidungen an das gültige Statut zu erinnern. Mit dieser Entscheidung, das Statut zu ignorieren war klar, dass für die Nachrückung ein Mann statt einer Frau bestimmt werden sollte.

Das Statut hätte nämlich die Nachrückung einer Frau gefordert: bei acht Mandaten müssen zumindest drei weiblich besetzt sein – wie das bis zum Tod von Barbara Prammer auch war. Rückt ein Mann nach, sind damit die Mandate aus Oberösterreich auf sechs Männer und zwei Frauen verteilt. Das ist ein Frauenanteil von 25%. Und so wurde es dann auch in geheimer Wahl entschieden. Man kann sagen, das war halt eine geheime Wahl. Ja. Aber es war eine Entscheidung, die eigenen Statuten zu missachten und die Erwähnung der Quotenregelung als unzulässig hinzustellen.

Ich will nicht unerwähnt lassen, dass die nächstgereihte Frau auf der Liste ich selbst war. Es mag für manche an dieser Stelle so klingen, als ginge es um meine Person. Ja und nein. Ich bin die nächstgereihte Frau, das stimmt. Aber unabhängig davon, ist die Einhaltung der Quotenregelung und die Frage, ob die SPÖ ihre Statuten ernst nimmt, eine grundsätzliche Angelegenheit. Das hat der Landesfrauenvorstand der SPÖ Oberösterreich klargestellt. Die Auseinandersetzungen um die Einhaltung der Geschlechterparität führen wir als Landesorganisation der SPÖ-Frauen in Oberösterreich nicht zum ersten Mal. Bei der Besetzung der Mandate für den Bundesrat musste heftig darum gerungen werden, dass zumindest eines der drei Mandate an eine Frau ging. Die Landtagsfraktion ist mit sechs Frauen und acht Männern ebenso statutenkonform besetzt. Auch das Gremium des Landesparteivorstandes wurde nach unserem Hinweis auf die Quote, entsprechend der Wahl des Parteitages vorgeschlagen. Gerade darum ist es so unverständlich, warum die Partei so überrascht reagierte, als wir die geschlechtergerechte Nachrückung für den Nationalrat forderten. Das ist umso unverständlicher als mit dieser Entscheidung die Gesamtzusammensetzung des SPÖ-Nationalratsklubs auf einen Frauenanteil von 32,7% fällt und damit weit entfernt von einer Geschlechterparität ist.

Seltsam ist auch, wie nun in der Argumentation die Verantwortung für die Entscheidung über die Besetzung zwischen der Landes- und Bundespartei hin- und hergeschoben wird. Seltsam auch, dass man nun plötzlich meint, die Quotenregelung sei so kompliziert und ein Widerspruch. Mit Verlaub: Schwierig ist die Quotenregelung nicht, man muss sie nur anwenden.

Ein Statut ist kein Wunschkonzert und die Geschlechterquote ist kein Gummiball, den man treten kann wie man will.

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